Ursachen der Kinder­losigkeit beim Mann

Die Ursachen der ungewollten Kinderlosigkeit liegen nicht immer bei der Frau, sondern genauso oft beim Mann. Zum häufigsten Grund gehören hierbei Störungen bei der Spermienproduktion oder Einschränkungen in der Spermien­qualität.

OAT-Syndrom

Die entscheidenden Parameter bei der Analyse der Spermien (Spermiogramm) sind ihre Anzahl, die Beweglichkeit und die Form. Oftmals sind alle drei Parameter eingeschränkt. In diesem Fall spricht man von einem OAT-Syndrom (Oligo: zuwenig, Astheno: schwach beweglich, Terato: fehlgeformt).
Eine Zusammenfassung der verschiedenen Spermienparameter und Informationen zur Diagnostik finden Sie im Kapitel Spermiogramm.

Ursachen einer eingeschränkten Spermienqualität

Oft lassen sich für eine Störung der Spermienproduktion keine eindeutigen Ursachen mehr feststellen. Meist haben diese Schädigungen vor langer Zeit (in der Kindheit) stattgefunden und lassen sich medizinisch nicht mehr zuordnen. Einfluss auf die Spermienqualität haben sogenannte Noxen (vor allem Nikotin). Stress spielt meistens eine geringere Rolle als subjektiv von den Betroffenen empfunden. Eine Chemotherapie wirkt sich fast immer ungünstig auf die Spermienqualität aus. Bei vielen Männern finden sich auch hormonelle Störungen, die sehr gut behandelbar sind.

Die möglichen Ursachen für die männliche Unfruchtbarkeit bzw. eingeschränkte Spermienqualität haben wir Ihnen im Folgenden zusammengestellt.

Hormonstörungen

Auch bei Männern können hormonelle Störungen zur Unfruchtbarkeit führen. Für die Neubildung von Spermien sind zwei Hormone besonders wichtig: FSH und LH. Beide Hormone werden über die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) freigesetzt. LH sorgt für die Testosteronproduktion im Hoden, FSH wirkt im Hoden direkt auf die Neubildung von Spermien.

Natürlich gibt es weitere Hormone, die störend in die hormonellen Regelkreise eingreifen und damit die Spermienproduktion ebenfalls negativ beeinflussen können. Wir diagnostizieren sämtliche infrage kommenden Hormonstörungen mittels einer Blutuntersuchung.

Am Kinderwunsch und Hormon Zentrum an der Oper werden über die Hälfte aller Männer mit Störungen der Spermienproduktion hormonell behandelt, bevor die Indikation für eine künstliche Befruchtung gestellt wird. Vielen Paaren bleibt so eine künstliche Befruchtung erspart.

Therapie

Wir behandeln über die Hälfte aller Männer mit Störungen der Spermienproduktion hormonell. So bleibt vielen Paaren eine künstliche Befruchtung erspart.
Mehr dazu finden Sie auch auf der Website unseres Hormonzentrums

In den letzten Jahren ist auch bei Männern das Bewusstsein gestiegen, dass Hormone einen beträchtlichen Einfluss auf ihren Körper und somit auf den unerfüllten Kinderwunsch haben können.

Dr. med. Jörg Puchta

Infektionen (Mumpsorchitis)

Eine häufige Ursache für die eingeschränkte Spermienqualität ist die Hodenentzündung nach Mumps (Mumpsorchitis): Eine Mumpsorchitis tritt nach der Pubertät in den meisten Fällen einseitig, in seltenen Fällen auch beidseitig auf. Sie führt dann zu einer Hodenverhärtung und -verkleinerung mit Einschränkung der Spermienproduktion. Eine solche Entzündung lässt sich im Nachhinein nicht mehr nachweisen.

Hodenhochstand

Sind bei einem männlichen Säugling ein oder beide Hoden nach der Geburt nicht im Hodensack tastbar, so spricht man von einem Hodenhochstand. Dies führt zu einer Störung der Spermienproduktion, denn für eine normale Hodenfunktion ist eine Temperatur unter der Körpertemperatur nötig (idealerweise 32°C).
Häufig verschwindet diese Entwicklungsstörung während des ersten Lebensjahres. Ist dies nicht der Fall, sollte eine entsprechende Behandlung bis zum zweiten Lebensjahr abgeschlossen sein. Wird eine rechtzeitige Behandlung versäumt, kommt es wegen der höheren Umgebungstemperatur zu einer Schädigung des Hodengewebes und damit zu mangelhafter Spermienproduktion.

Genetische Defekte

Angeborene (genetische) Ursachen für die männliche Unfruchtbarkeit sind zwar selten, sollten aber bei ausgeprägten Einschränkungen der Spermienqualität unbedingt abgeklärt werden, zumal hier eine einfache Blutuntersuchung ausreicht.

Chromosomen

Eine Chromosomenanomalie kann zu einem Abbruch der Spermienbildung führen. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit für eine Chromosomenanomalie umso größer, je geringer die Anzahl der Spermien ist.
Normwerte der Weltgesundheitsorganisation definieren eine Gesamtzahl von 20 Millionen oder mehr Spermien pro Milliliter Ejakulat als unauffällig. Befinden sich keine Spermien im Ejakulat (Azoospermie), kann man bei 13 bis 15 % der Männer eine Chromosomenanomalie nachweisen. Häufig findet sich hierbei eine Abweichung in der Anzahl der Geschlechtschromosomen, wie z. B. beim Klinefelter-Syndrom. Bei 5 Millionen Spermien/ml oder weniger sind es noch knapp 7 bis über 8 %. Häufig findet sich hier eine Strukturanomalie der Chromosomen, wie z. B. Translokationen. Liegt die Gesamtzahl der Spermien zwischen 10 und 20 Millionen, sind nur noch zwischen 0,4 und 2,7 % der Männer von einer Chromosomenanomalie betroffen.

Klinefelter-Syndrom

Männer mit diesem Syndrom haben ein X-Chromosom zu viel, was zu einer verminderten Ausschüttung männlicher Hormone und zu einer verminderten Qualität der Samenfäden führt, oftmals sogar zu einem kompletten Ausfall der Spermien­produktion. Eine solche Störung ist behandelbar, allerdings nur unter Zuhilfe­nahme der intrazyto­plasmatischen Spermieninjektion (ICSI).

Deletion

Der Verlust von Informationen auf dem Y-Chromosom (Deletion) ist eine weitere genetisch bedingte Ursache für das Fehlen von Spermien. Das Y-Chromosom ist für die männliche Geschlechtsausprägung verantwortlich. Diese Region auf dem Y-Chromosom wird als Azoospermiefaktor (AZF) bezeichnet und führt, wenn sie verloren geht, zu einer schweren Oligo- oder Azoospermie. Alle Söhne von betroffenen Männern sind gesund, aber ebenfalls infertil.

Unterbundener Spermientransport

Bei Störungen des Spermientransports ist der Austritt der Spermien aus dem Nebenhoden, in dem die Spermien gespeichert sind, nach draußen nicht möglich. In diesem Fall befinden sich gar keine oder zu wenig Spermien im Ejakulat. Dies ist entweder durch einen Verschluss der Samenwege oder durch einen ungeordneten Ablauf der Ejakulation bedingt. Manchmal sind Nebenhoden­entzündungen oder Prostataentzündungen, die in der Vergangenheit stattgefunden haben, die Ursache dafür.

Das Alter des Mannes als Ursache für die ungewollte Kinderlosigkeit

Spermien werden im männlichen Körper eigentlich kontinuierlich nachproduziert. Aber: Nach einer Studie aus dem Jahr 2006 nimmt der Anteil an schnell beweglichen Spermien – diese sind für die Befruchtung der Eizelle entscheidend – bei Männern jährlich um fast ein Prozent ab. Gerade Männer, deren Spermio­gramm in jungen Jahren im unteren Bereich der Norm liegt, können in späteren Jahren eine ungenügende Anzahl schnell beweglicher Spermien aufweisen.

Neue Daten zum Abortrisiko (Risiko einer Fehlgeburt) von Frauen deuten darauf hin, dass das väterliche Alter auch für diese Störungen bedeut­samer ist als in der Vergangenheit vermutet. So ist das Risiko einer Fehlgeburt in der Gruppe der Frauen mit 35- bis 39-jährigen Vätern dreimal so hoch wie in der Gruppe mit unter 25-jährigen Vätern.

Studienergebnis

Die männliche Fruchtbarkeit nimmt pro Jahr um fast ein Prozent ab.

Weitere mögliche Ursachen beim Mann

Sertoli-Cell-Only-Syndrom

Eine weitere Ursache für Unfruchtbarkeit ist das Sertoli-Cell-Only-Syndrom. Bei dieser Erkrankung fehlen die Zellen, die in den Hodenkanälchen die Spermien bilden.

Globozoospermie

Zu erwähnen ist auch die Globozoospermie. Hier fehlt das »Hütchen« am vorderen Ende des Samenfadens. Dieses beinhaltet wichtige Enzyme, mit deren Hilfe das Spermium in die Eizelle eindringen kann.

Retrograde Ejakulation

Bei einer retrograden Ejakulation handelt es sich schließlich um die Umlenkung der Samenflüssigkeit in Richtung Harnblase, d. h., die Ejakulation findet nach innen statt. Ein schlecht eingestellter Diabetes oder neurologische Erkrankungen können zu einer solchen Komplikation führen.

Erektile Dysfunktion

Als erektile Dysfunktion bezeichnet man die Unfähigkeit, eine ausreichend lange und ausreichend starke Erektion aufrecht­zu­erhalten. Die Ursachen hierfür sind mannigfaltig und reichen von Hormonmangel­zuständen bis hin zu arteriosklerotischen Gefäßveränderungen.

Oft sind aber auch psychische Faktoren wie Stressbelastung oder Konflikte in der Partnerschaft die Ursache. Deshalb ist es für die Kinderwunsch­behandlung essenziell, dass Sie Probleme in diesem Bereich offen bei Ihrem Arzt ansprechen.

Verschluss der abführenden Samenleiter (CBAVD)

Eine weitere Ursache für eine Azoospermie kann das Fehlen der Samenleiter sein (CBAVD: congenitale bilaterale Aplasie der Vasa Deferentia). Es handelt sich hierbei um das inkomplette Bild einer Mukoviszidose (Cystische Fibrose) ohne Beteiligung der Lunge oder Bauchspeicheldrüse. Bei zwei Dritteln der Männer mit CBAVD findet man Mutationen im Gen für die Mukoviszidose.

Bei 1 bis 2 % aller infertilen Männern ist die Unfruchtbarkeit auf das Fehlen der ableitenden Samenleiter zurückzuführen.

Hodenkrampfader

In diesem Fall befindet sich eine Krampf­ader (Varikozele) um den Samenstrang. Dies kann aufgrund einer gesteigerten Durchblutung des Hodens dazu führen, dass die Spermienproduktion eingeschränkt wird. Allerdings führt eine solche Krampfader nur in sehr seltenen Fällen zu Unfruchtbarkeit.

Die Erfolge durch Entfernung der Hoden­krampfader sind oftmals unbefriedigend und die Indikation zu einer Operation wird deshalb heutzutage nur noch selten gestellt.

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